ERNTEDANK UND ASPIRIN - PREDIGT MIT LUKAS 12, 15-21
damals noch gab, seitdem haben sie es immer
wieder erfolgreich geschafft, auf der Zielgeraden
„Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die
grandios zu scheitern, in der Liga und im Pokal,
Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes
als hätten sie Angst vor dem Erfolg). Wie gesagt,
es ist nicht leicht, Leverkusener zu sein. Außer-
dem gibt es unter den deutschen Fußballfans eine bösartige Unterstellung, die besagt, daß die Le-
man hat’s nicht leicht als Leverkusener. Wenn
verkusener sowieso alle unter Medikamentenein-
ich den Leuten außerhalb Deutschlands erzähle,
fluß stehen, und das hängt zusammen mit dem
wo ich herkomme, stößt der Name meiner Hei-
zweiten berühmten Produkt, das aus Leverkusen
matstadt Leverkusen in der Regel auf ein großes
kommt: Aspirin. Leverkusen ist – jedenfalls au-
Fragezeichen im Gesicht. Erst wenn ich die bei-
ßerhalb der Stadtgrenzen - Bayer Leverkusen und
den Produkte nenne, die Leverkusen international
sonst nicht viel mehr. Tatsächlich wäre ich selbst
bekannt gemacht haben, hellen sich die Mienen
ohne Aspirin wahrscheinlich ich auch gar kein
auf, die Augenbrauen gehen hoch, und ich höre:
Leverkusener; wahrscheinlich wäre ich sogar heu-
te morgen gar nicht hier! Und zwar deswegen: Mein Vater ging Anfang der sechziger Jahre nach
Was hat Leverkusen zu bieten? Nun, zum ei-
Leverkusen zu Bayer, weil es dort eben gute Ar-
nen eine mäßig erfolgreiche Fußballmannschaft in
beitsplätze gab, und die guten Arbeitsplätze gab
der Bundesliga (sie haben es auch in dieser Saison
es, weil Bayer mit Aspirin und ein paar anderen
wieder einmal geschafft, keinen nationalen Titel
Produkten ziemlich erfolgreich war. Ohne Aspirin
zu gewinnen und im Pokalfinale Werder Bremen
also keine Arbeit in Leverkusen, meine Eltern
den Vortritt zu lassen. Aber da hatte ich sowieso
wären vielleicht in Bochum geblieben, ich wäre
schon nicht mehr ernsthaft mit gerechnet. 1988
möglicherweise in der westfälischen Landeskirche
haben sie den UEFA-Pokal gewonnen, den es
gelandet, hätte meine Frau nicht kennengelernt
und stünde dann womöglich heute morgen gar
mitgearbeitet hätten. Nichts von dem herrlichen
nicht hier. Insofern also: Gut, daß es Aspirin gibt.
Gemüse, den Früchten, den anderen guten Gaben Gottes ist einfach so vom Himmel gefallen bzw.
Wie ich jetzt darauf gekommen bin? Nun, vor
aus der Erde gekommen. Nichts davon wäre da,
einiger Zeit fiel mir diese nette Karikatur in die
wenn Menschen nicht ihren Teil dazu beigetragen
Hände: „Darf man auch Kopfschmerzen auf den
hätten. Seit die ersten Menschen die ersten Tiere
Erntedankaltar legen?“ Das ist in der Tat eine
gezähmt und gezüchtet haben, seit die ersten
interessante Frage. Tatsächlich hatte ich schon
Farmer Weizen und Roggen und andere Gräser
seit längerem vor, mal eine Erntedank-Predigt
angebaut und geerntet, gekreuzt und wieder aus-
über die Kopfschmerztablette zu halten. Was für
gesät haben, ist Erntedank ohne den menschli-
eine wunderbare Erfindung ist das doch! Wer von
chen Beitrag ja gar nicht denkbar. Und dieser
euch regelmäßig unter dem Übel mehr oder we-
menschliche Beitrag erschöpft sich ja nicht darin,
niger starker Kopfschmerzen zu leiden hat, wird
daß der Bauer im Frühjahr ein paar Kartoffeln in
mir vermutlich bedingungslos zustimmen, wenn
den Boden steckt und im Herbst dann die neuen
ich sage: Gott sei Dank für die Kopfschmerzta-
Kartoffeln wieder herausholt. Das mag am An-
blette! Bei Laurens van der Post, dem großen
fang so gewesen sein, aber inzwischen ist das eine
südafrikanischen Schriftsteller, habe ich ein paar
Wissenschaft für sich und muß es wohl auch sein,
Sätze gefunden, die mir noch einmal deutlich
wenn auch weiterhin genug zu essen für alle da
gemacht haben, wie wenig das selbstverständlich
sein soll. Welche Sorte eignet sich für welchen
ist, bei Schmerzen eine Tablette nehmen zu kön-
Boden? Wie und wann muß man aussäen? Wel-
nen und dann zu spüren, wie der Schmerz nach-
che Sorten passen zueinander, welche nicht? Wie
läßt. In seiner Autobiographie „Yet being Someone
kann man die wünschenswerten Eigenschaften
Other“ berichtet van der Post von einer seiner
fördern und die ungewünschten unterdrücken?
zahlreichen Reisen durch Afrika und erwähnt, daß
Das alles haben Menschen doch schon seit Jahr-
eine verworrene Situation in diesem Fall noch
tausenden ausprobiert und kultiviert und weiter-
schlimmer gemacht wurde durch ungewohnt hef-
entwickelt, und nur deswegen können wir heute
tige und beinahe unerträgliche Kopfschmerzen.
zu Pick and Pay gehen und uns mal eben so 10kg
Und dann berichtet er, noch im Rückblick voller
Kartoffeln oder 200g Wurst oder einen Liter fri-
Dankbarkeit: „The large, blonde Scandinavian house-
sche Milch kaufen, wenn uns danach ist (voraus-
keeper of the hotel, whom I remember with gratitude and
affection, cured this part of my affliction with an aspirin: my first ever. The world of drugs and medicine has achieved
such undreamed of successes and complexities that no-one
macht eben nicht halt bei der Produktion der
remembers how eventful was the coming of the humble
„einfachen“ Lebensmittel (obwohl auch daran
aspirin: for us in Africa it was almost as great a break-
längst nichts mehr „einfach“ ist); er forscht und
through as M&B 693 [ein Medikament, das in den
sucht und probiert aus, wie dem Menschen sonst
Dreißiger Jahren vor der Entdeckung des Penicil-
noch zu helfen ist, wie das Leben sonst noch zu
lin Tausende von Menschenleben gerettet hat].
verbessern, zu erleichtern, zu verlängern oder zu
The tyranny of the headache in the Africa of my youth was
schützen ist. Was bei unseren Vorfahren begann,
to the human body what Chaka was to the Zulus; its
als sie zum ersten Mal Getreide anbauten, endet ja
abolition was a miracle. The relief I found that night at the
längst nicht mit der Kopfschmerztablette. Ich war
ministrations of the house-keeper leaves her angelic in my
gestern bei Hermann Karberg im Krankenhaus –
memory…” [L. van der Post, Yet being Someone
auch deswegen kam ich übrigens auf das Thema –
und er läßt die Gemeinde ausdrücklich ganz herz-lich grüßen und dankt für alle guten Wünsche,
Ein Engel, der einem die Kopfschmerztablette
Gebete und Besuche. Manche von euch wissen
reicht? Die Kopfschmerztablette – ein Wunder,
es, andere noch nicht, aber er selbst macht da
ein Geschenk Gottes an den Menschen? Nun,
kein Geheimnis draus, und deswegen, denke ich,
warum eigentlich nicht? Denn, seien wir ehrlich:
darf man das auch mal in der Predigt erwähnen:
Unsere Erntedankfeiern sind ja immer ein biß-
Hermann hat einen bösartigen, unheilbaren Tu-
chen in der Gefahr, daß wir romantisch verklären,
mor im Kopf, der ihm nun schon zum zweiten
was in Wirklichkeit durchaus sehr menschlich
Mal operiert wurde. Er weiß, daß es dafür keine
zugeht. Nichts von dem, was hier unseren Altar
Heilung gibt, aber selbstverständlich nimmt er
schmückt, wäre da, wenn nicht Menschen daran
dankbar jede mögliche Hilfe und auch Technik
an, die ihm ein bißchen Lebensverlängerung und
sich verwerflich, nichts in Forschung und Wissen-
Lebensqualität schenkt. Gestern erzählte er mir,
schaft ist an sich schlecht, solange nicht das pas-
daß der Arzt noch einmal etwas Neues auspro-
siert, wovor Jesus in dem Gleichnis warnt, das wir
biert hat: Ein Medikament zur Chemotherapie,
schon gehört haben und das ich uns nun noch
das bei der Operation direkt in den Tumor einge-
einmal vorlese, zur Erinnerung und auch ein biß-
setzt wurde und sich nun über Wochen langsam
chen zur Warnung. Von Aspirin und Chemothe-
auflöst, direkt in den Tumor hinein, also dort, wo
rapie ist da noch längst nicht die Rede, aber die
es am dringendsten gebraucht wird, ohne den
Gefahr ist doch immer dieselbe, wo Menschen
Körper allzu sehr zu belasten, wie es ansonsten
sich allzuviel auf ihre Leistungen einbilden:
bei einer Chemotherapie ja üblich ist. Und als ich neben ihm saß und er mir das erzählte, dachte ich
„Und er sagte ihnen ein Gleichnis und sprach: Es
selbstverständlich: Gott sei Dank für die Ärzte
war ein reicher Mensch, dessen Feld hatte gut getragen.
und Forscher, Gott sei Dank für die Chemie, für
17Und er dachte bei sich selbst und sprach: Was soll ich
die Wissenschaft, Gott sei Dank für die menschli-
tun? Ich habe nichts, wohin ich meine Früchte sammle.
che Neugier und für jeden noch so kleinen Fort-
18Und sprach: Das will ich tun: ich will meine Scheunen
schritt! Und gleichzeitig hoffe und bete ich, daß
abbrechen und größere bauen, und will darin sammeln all
Gott auch dadurch wirkt und Erleichterung ver-
mein Korn und meine Vorräte 19und will sagen zu meiner
schafft, einen besseren Verlauf der Krankheit
Seele: Liebe Seele, du hast einen großen Vorrat für viele
schenkt, etwas mehr Lebensqualität – und daß
Jahre; habe nun Ruhe, iß, trink und habe guten Mut!
noch viele neue Mittel gefunden und entwickelt
werden. Und obwohl ich weiß, daß zuletzt alles in
Aber Gott sprach zu ihm: Du Narr! Diese Nacht
Gottes Hand steht, bin ich froh und dankbar, daß
wird man deine Seele von dir fordern; und wem wird dann
er uns Menschen eine solch gewaltige Menge an
gehören, was du angehäuft hast? 21So geht es dem, der sich
Wissen und Möglichkeiten gegeben hat, die wir
Schätze sammelt und ist nicht reich bei Gott.“
nun auch ganz menschlich und um des Menschen willen nutzen und verbessern und voranbringen
Wohlgemerkt: Nicht das kritisiert Jesus, daß
sollen. Gott sei Dank also noch einmal für Kopf-
der reiche Bauer eine gute Ernte einfährt und
schmerztablette und Chemotherapie, für Chirur-
daraufhin größere Scheunen baut. Das ist klug
gie und Strahlenmedizin, für kluge Forscherinnen
und vernünftig. Gefährlich und bedenklich sind
und Forscher, für mitfühlende Ärztinnen und
seine Gedanken und die Worte, die er dann zu sich,
Ärzte, für jeden noch so kleinen Fortschritt auf
zu seiner Seele spricht: „Liebe Seele, du hast einen
dem Gebiet der Ernährungswissenschaft und der
großen Vorrat für viele Jahre; habe nun Ruhe, iß, trink
Medizin, der Technik und der Informatik – für
und habe guten Mut!“ Da ist etwas falsch gelaufen,
alles, was dem Menschen dient und ihm hilft, für
da meint einer, wenn nur die Scheuen voll sind
all das, woran wir mitarbeiten dürfen und worin
und die Ernte groß war, kann mir nichts mehr
wir uns als Gottes Kinder erweisen: Unsere Krea-
passieren. Da meint einer, wenn menschlicher
tivität, unsere Produktivität, unsere Neugier und
Fleiß und menschliche Arbeit nur ordentlich ge-
unser Forscherdrang – und unsere kindliche
macht werden, dann sei Gott nicht mehr nötig
Freude daran, etwas Neues gefunden zu haben
und jeder Gedanke an ihn Zeitverschwendung.
und es zu entwickeln und schließlich so einzuset-
Nicht der Reichtum des Bauern an sich wird ihm
zen, daß es dem Menschen dient. Für all das:
schließlich zum Verhängnis, sondern seine Armut
in der Seele: „So geht es dem, der sich Schätze sammelt und ist nicht reich bei Gott.“, warnt Jesus und meint
Solange wir eins nicht vergessen, solange wir
damit doch wohl: Nicht der Reichtum an sich ist
nicht der einen Gefahr unterliegen: Die Verbin-
das Schlimme – obwohl Reichtum gerade diese
dung zwischen unserem Tun und Gottes Gnade
Gefahr immer mit sich bringt –, sondern der
zu übersehen oder zu vergessen. Matthias Claudi-
Reichtum, der nur noch sich selbst danken kann,
us hat es so schön gedichtet, wir haben es schon
dem es gar nicht mehr in den Sinn kommt, daß
gesungen, heute; wir brauchen diese Erinnerung
alles ein Geschenk ist: Auch meine Körperkräfte,
immer wieder: „Es geht durch unsre Hände, kommt
auch meine Intelligenz, mein Forschergeist und
aber her von Gott“. Und zwar brauchen wir diese
meine Kreativität. „Niemand lebt davon, daß er viele
Erinnerung um so nötiger, je größer, je fantasti-
Güter hat!“, hat Jesus gerade vor diesem Gleichnis
scher, je eindrucksvoller unsere menschlichen
gewarnt, und es dann erzählt, um eben das zu
Errungenschaften werden. Nichts daran ist an
veranschaulichen: Reichtum und Wohlstand sind
nicht an sich schlecht, aber in ihnen lauert immer
Ruhe, iß, trink und habe guten Mut!, oder ob ich -
die große Verführung, nur noch sich selbst zu
morgens oder abends, vor dem Essen oder beim
danken, nur noch sich selbst zu sehen als den,
Gang ins Labor, vor dem Einschlafen oder wenn
von dem mein Wohlstand herkommt, nur noch
ich die Ärmel hochkremple – ob ich mich dann
auf das zu vertrauen, was ich selbst schaffe, leiste,
immer wieder daran erinnere: „Es geht durch unsere
Hände, kommt aber her von Gott.“ Ich wünsche uns das von Herzen, egal ob wir ‚nur’ unseren Kin-
Nichts also gegen das alles, was unser Leben
dern die Schulbrote schmieren oder sie in der
schöner, angenehmer, lebenswerte, manchmal
Schule an die Wissenschaft heranführen oder
auch nur erträglicher und schmerzfreier macht.
selbst kurz vor dem großen Durchbruch in der
Die perfektionieren Lebensmittel, die intelligen-
Forschung stehen; ob wir ab und an eine Kopf-
ten Arzneimittel, den menschlichen Forscher-
schmerztablette schlucken oder selbst auf dem
drang und Leistung insgesamt. Aber vergessen
Feld stehen und säen und ernten oder einfach die
wir nicht, daß das alles noch nicht darüber ent-
Technik nutzen, die andere entwickelt haben: daß
scheidet, wie unser Leben nach innen aussieht.
wir in all dem Gottes Gnade und Güte sehen und
Vergessen wir nicht, daß Lebensqualität noch
unser „Danke!“ an der richtigen Stelle sprechen.
anderes meint, als nur einen vollen Teller oder eine gelungene Operation. Sicher, ohne das ist es
„Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere
schwer, von Lebensqualität überhaupt zu reden;
Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus
was nützt dem Hungrigen das gutgemeinte Wort
– davor hat ja schon der Apostel Jakobus deutlich gewarnt. Das ist dann nämlich auch nur Heuche-
lei. Eine Gideon-Bibel für den Bettler an der Straßenkreuzung ist vielleicht eine nette Geste, vielleicht aber auch nur eine billige Ausrede für mein eigenes Gewissen. Aber umgekehrt gilt ge-nauso: Mit allem, was wir Menschen leisten, schaffen, erarbeiten, entwickeln und anwenden können wir doch nicht die eine große Frage unse-res Lebens beantworten: Wo findet deine Seele Ruhe und was gibt dir wirklich Frieden? Wo fin-dest du Vergebung dessen, was dich quält? Wo findest du Ruhe in aller Zerrissenheit des Lebens; wo findest du den Mut und die Hoffnung, der Zukunft getrost ins Auge zu schauen? Wurst, Wein und Wissenschaft mögen dabei helfen, aber sie sind noch nicht die Antwort. Die Antwort liegt an einer anderen Stelle, sie hängt davon ab, ob ich Gott als dem Schöpfer, dem Versöhner und dem Erlöser vertraue oder ob ich im Zwei-felsfall dann doch lieber auf meine eigenen Hände und meine eigene Leistung setze.
Das ist die Frage, die Erntedank uns stellt: Ob
ich wirklich und aufrichtig dankbar bin, dankbar für alles, womit Gott mein Leben reich macht und beschenkt – vom Glas Wasser und Stück Brot bis zur Chemotherapie und Nanotechnolo-gie – und ob ich deswegen, nämlich aus echter Dankbarkeit, mich mit meinem Leben ihm anver-traue. Oder ob ich eben doch heimlich denke: Na ja, das kriege ich eigentlich auch ganz gut alleine hin. Ob ich im Stillen zu meiner Seele spreche: „Du hast einen großen Vorrat für viele Jahre; habe nun
David Borde Resume addendum: Background: I started my photography career with Peter Elliott Productions, Inc. in May of 1983. For 2 years I assisted this top Chicago photographer and film director in the field of large format food and product photography. During this time I also broke into the film industry where I developed my skills as a prop-master and rigger for special effects in film. In 198
5ª Reunión científica de la APapCLM y 7ª Reunión anual de la AEPap Guadalajara, 11 y 12 de noviembre de 2011 Relación de comunicaciones aceptadas para su presentación durante la Reunión Título Comunicación Autor que lo envía Síndrome de "Alicia en el país de las maravillas" en probable López Andrés, Nerea; Bernal Vañó, Esther relación con el uso de mon