4 Nummer 254 UNSERE GESUNDHEIT: DIE ARZNEIMITTEL Importarznei: Billiger, Unter Sparzwang aber genauso gut
Arzneimittel sind aus der Medizin nichtwegzudenken. Aber sie sind auch ein enor-mer Kostenfaktor. Deshalb ist es nötig,
Warum der europaweite Pillenhandel floriert
über Einsparpotenziale nachzudenken. Zum Beispiel über preiswerte Importpillen
Bad Homburg – Fast überall in Europa
mente in eine deutsche Faltschachtel umver-
sind Arzneimittel billiger als bei uns. Davon lebt hier zu Lande eine ganze
packzettel. Anschließend werden sie direkt
Branche. Ohne sie müssten Patienten
Natürlich hat das alles nichts mit einem
und Krankenkassen noch mehr Geld
schnellen Geschäft im Urlaub zu tun. Der
für Pillen ausgeben.
Arzneiimport ist logistisch anspruchsvollund unterliegt strengen Auflagen. Die euro-
paweiten Transporte müssen teils mit spe-ziellen Kühlwagen abgewickelt werden. An-
dernfalls verderben die sensiblen Medika-
nach deutschem Arzneimittelrecht als Phar-
rein. Ab nach Hause. Ordentlich Geld ver-
dient. Das Geschäftsmodell ist so simpel wie
chende Zulassung, an die hohe Qualitätsan-
genial. Jeder, der im Ausland mal in einer
sind die weit gereisten Präparate, die ironi-
50 Cent – bei uns selbst in der Versandapo-
Axicorp nun an ihnen verdient hat. Wie viel,
mierung. In Deutschland waren traditionell
das ist Betriebsgeheimnis. Zwei Preisbei-
höhere Preise durchsetzbar. In vielen ande-
spiele für Arzneimittel, die Patienten selbst
günstiger zu haben“, sagt Holger Gehlhar.
(Hersteller: Beragena, Baden-Baden) kostet
laut Gehlhar in der Apotheke ursprünglich
corp in Bad Homburg spricht für eine Bran-
54,23 Euro, als Axicorp-Reimport nur 46,09
(Hersteller: Schering, Berlin) kostet ur-
sprünglich 21,16 Euro, als Axicorp-Reim-
har hält Kontakte zu Pharmagroßhändlern
in ganz Europa. Diese beziehen Tabletten,
Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen –
den einzelnen EU-Ländern sind völlig nor-
natürlich auch für Medikamente, die die
mal. Das ist wie bei Autos und anderen Kon-
T ure Pillen eure Pillen
stellern, um sie an Apotheken weiterzuver-
Krankenkassen erstatten. „Durchschnitt-
Man kann darüber streiten, ob selbst le-
und Kassen einen Preisvorteil von zehn bis
bensrettende Medikamente letztlich nichts
Umsatz und Verordnungen 1991 bis 2005
oder England ihre Waren nicht loswerden.
15 Prozent gegenüber dem deutschen Origi-
Sind sie billiger als bei uns, kauft er sie auf
nal, es kann aber durchaus auch mehr sein“,
wird entgegenhalten, dass den Herstellern
und verfrachtet sie durch halb Europa nach
auch eine soziale Verantwortung zuwächst.
Unstrittig sind dagegen die Ursachen dafür,
das viele Pillen hier zu Lande teurer sind als
anderswo. Das liegt vor allem daran, dass
sich der Staat weit gehend aus der Preisfest-
(GKV) auf 200 Millionen Euro im Jahr. Das
setzung heraushält. In den meisten anderen
EU-Ländern gibt es sehr viel rigidere Ein-
Fachchinesisch für Patienten
1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005
Generika Umsatzstärkste Arzneimittel 1 Durogesic 2 Pantozol
tergrund: Die Pharmahersteller kalkulieren
EU-Ausland ist er in der Regel ermäßigt. 3 Nexium Mups Esomeprazol
am Bedarf in dem jeweiligen Land. So wol-
gestaltung, die es den Herstellern zumindest
sie günstiger als das Original. Generika-
5 Zyprexa 6 Risperdal
Preise zu nehmen, die sie haben wollen“, re-
9 Iscover
Schröder vom Wissenschaftlichen Institut
10 Enbrel
Preise für Pillen und Tropfen hier zu Lande
11 Symbicort
Formoterol + Budesonid Asthma, chron. obstuktive Lungenerkrankung
Klein-Regulierungspolitik der letzten Jahre
oder gleiches) verpflichtet Apotheken, ein
12 Betaferon
habe daran nichts ändern können. Allen-
13 Glivec
trie vorwerfen, dass sie so viel Geld wie mög-
falls Fantasiepreise seien dadurch verhin-
14 Avonex
wenn der Arzt ein Präparat nur unter sei-
lich verdienen will? „Preisunterschiede in
15 Lantus
* Infarkt- und Schlaganfallprophylaxe sind zugelassene Indikationen; laut Studien aber keine Überlegenheit gegenüber Aspirin
die Ersetzung des Präparats durch einwirkstoffgleiches nicht ausgeschlossen
Einsparpotenzial bei patentgeschützten Analogpräparaten**
jeweiligen Festbetragsgrenze ersetzen. Parallel- und Reimport OTC-Arzneimittel Bad Homburg – Als Parallelimporte werden
dem kann es hohe Preisdifferenzen für ein
nicht verschreibungspflichtig sind. Daher
Präparate bezeichnet, die von multinationa-
len Pharmakonzernen außerhalb des jeweili-
ken (over the counter engl. = über den
gen Empfängerlandes hergestellt wurden.
für diese Präparate werden – abgesehen
dem Einkaufsland importierte Arzneimittel
in Deutschland beträgt 4,7 Prozent (2001).
ursprünglich im Empfängerland produziert
Großbritannien dagegen kommt auf 15 Pro-
wurde. Nur zehn Prozent der deutschen Arz-
Apotheken sind gesetzlich verpflichtet, eine
In fast allen EU-Ländern unterliegen die
Importquote von fünf Prozent einzuhalten. Gesamt 1 602,95
Arzneimittelpreise einer staatlichen Ein-
Das heißt: Fünf Prozent der von ihnen abge-
** Analogpräparate (auch: Scheininovationen) bringen keinen oder nur unbedeutenden Zusatznutzen zu günstigeren Mitteln
flussnahme. In Deutschland beispielsweise
gebenen Arzneimittel müssen günstige Prä-
Festbetrag
parate aus dem EU-Ausland sein. wir
Für bestimmte Gruppen von Arzneimit-teln (mit denselben oder vergleichbarenWirkstoffen oder vergleichbarer Wirkung)schreibt der gemeinsame Bundesaus-
Sicherheitsrisiko Beipackzettel
schuss von Ärzten und Kassen (GBA)Festbeträge vor. Verordnet der Arzt einMedikament aus diesen Gruppen, des-
Arzneimittelexperte Schröder verlangt klare Informationen für Patienten
sen Preis den Festbetrag übersteigt, trägt
Bonn – Helmut Schröder ist Experte für Arz-
nehmen das Arzneimittel deshalb nicht ein. Was weiß man über die Schäden durch
neimittel beim Wissenschaftlichen Institut
der sich bewusst für oder gegen eine Arznei-
Positivliste
mitteltherapie entscheidet, indem er auf ver-
worden zu sein. Das ist ein Signal, dass et-
Die Industrie sagt, sie würde gerne, dürfe
Sie würde alle Arzneimittel enthalten, die
Herr Schröder, jeder kennt den Spruch: Zu
was nicht stimmt. In Krankenhäusern gibt
aber nicht. Tatsächlich müsste das zustän-
Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die
es schätzungsweise 28 000 vermeidbare To-
dige Bundesinstitut für Arzneimittel und
Packungsbeilage und fragen Sie Ihren ArztWer verantwortet die Unlesbarkeit?
desfälle durch unerwünschte Arzneimittel-
eine Positivliste einzuführen, sind man-
oder Apotheker. Aber wirkt er auch?
man sich in den Beilagen aufs Wesentliche
industrie ein. Aber in diesem Punkt ist sie
konzentriert. Das Problem ist, zu entschei-
tert. Die aktuelle Reform sieht zumindest
gen ist jedoch nicht berauschend. 84 Pro-
weit 60 000 Patienten, die rund 400 Millio-
rauswirft. Stirbt irgendjemand gerade da-
neimitteln vor. Präparate, die durchfallen,
zent fragen den Arzt, und je 65 Prozent ha-
geführt. Im Ergebnis haben wir heute eine
maximale Informationsflut. Selbst wenn als
sere Packungsbeilagen kann man all das ver-
Compliance
die Packungsbeilage. Nun ist der Arzt kein
len ist, muss das auf die Packungsbeilage.
in großen Buchstaben draufstehen: Dieses
Das englische Wort (to comply = erfüllen,
lassen. Sie sollen die Beipackzettel testen.
Wenn 80 oder 90 Prozent des Inhalts gelesen
und verstanden werden, ist die Beilage gut.
Sonst würde ich dem Medikament die Zulas-
hen, zuallererst Absicherungsstrategien der
Industrie und des BfArM zu befriedigen.
fährdet den Behandlungserfolg und belas-
Nebenwirkung
die Packungsbeilagen nicht verstanden wer-
ziert falsch eingenommen. Antibiotika zum
benwirkungen ihrer Präparate benennen.
vor gewarnt wird – aber gut versteckt. Ist
das nicht vielleicht sogar unterlassene Hilfe-
leistung? Mit klar strukturierten Informa-
10 000. Gelegentlich: 11–100 auf 10 000.
tionen würde so etwas nicht passieren.
Selten: 1–10 auf 10 000. Sehr selten: we-
Das versteht kein Mensch Foto: Roth
FOR IMMEDIATE RELEASE: CONTACT: Michelle Gatchell October 7, 2008 Deputy Director of Communications 614-466-3840 [email protected] Ohio And 32 Other Participants Reach Landmark $62 Million Settlement With Eli Lilly Attorney General Nancy H. Rogers today announced that she and 32 other Attorneys General have reached a record $62 million dollar settlement