Stellungnahme des wissenschaftlichen beirates der bundesärztekammer zur xenotransplantation
B E K A N N T G A B E N D E R H E R A U S G E B E R Bekanntmachungen
Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirates der
Bundesärztekammer zur Xenotransplantation
Mit der nachfolgenden Verlautbarung verbindet der Wis-
senschaftliche Beirat der Bundesärztekammer die Absicht,
Durch den Fortschritt der Wissenschaft ist die Über-
der Ärzteschaft den derzeitigen Stand der Diskussion um die
tragung von lebenden Zellen, Geweben und Organen von
Möglichkeiten und Grenzen der Xenotransplantation zu ver-
Tieren auf den Menschen (Xenotransplantation) in den
mitteln, sowie den Appell, daß Transplantationschirurgen
Bereich des Möglichen gelangt. Damit kann im Prinzip
mit diesem Therapieverfahren – sobald es klinisch einsatz-
der Kreis schwerstkranker Patienten, deren Leben verlän-
fähig ist – verantwortungsbewußt umgehen und gleichzeitig
gert oder gerettet werden kann, nennenswert erweitert
werden. Der Wissenschaftliche Beirat der Bundesärzte-
Die vorliegende Stellungnahme kommt aufgrund der
kammer hält alle Maßnahmen für sinnvoll, mit denen die-
nach wie vor erst unvollständig geklärten immunologischen,
ses Ziel erreicht wird. Dennoch verbinden sich zum ge-
physiologischen und mikrobiologischen Barrieren im Zu-
genwärtigen Zeitpunkt mit der Xenotransplantation be-
sammenhang mit der Xenotransplantation zu dem Schluß,
sondere Unwägbarkeiten, noch unklare Risiken, Ängste
daß derzeit die Voraussetzungen für eine hinreichend risiko-
sowie noch nicht gelöste ethische und rechtliche Fragen
arme Durchführung von Xenotransplantationen noch nicht
Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirates
1. Einleitung 1.2 Die Xenotransplantation als Beitrag zur Vergrößerung der
keine Alternativen zur Transplantation. 1.1 Stand der Organtransplanta- Zahl von Spenderorganen tion in Deutschland
nach einer Statistik von Eurotransplant25 Prozent der herzkranken Patienten,
bevor für sie ein adäquates Spenderherz
für alle derzeit transplantierbaren vas-
Lebensqualität. Die Wartezeit für Jahr etwa 2 000 Spendernieren, 500
(1). Die Möglichkeiten, die Bereitschaft
eng gefaßt, und es wird geschätzt, daß der
Beispiel in Spanien – noch nicht ausge-
steigt; dabei ist berücksichtigt, daß beim
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gen Kenntnisstand dürfte nur die zellver-
licht. Eine bedarfsgerechte Steigerung der
Zahl von Transplantationen ist vermutlich
2. Präklinische
gleichsweise einfach strukturiert sind (sie-
Untersuchungen zur
he jedoch 3. „Anatomische und physiolo-
Xenotransplantation
darauf hin, daß weder die akute noch die
on“); möglich sind aber auch Gewebever-
als Organquelle in erster Linie das Haus-
selzellen oder Herzklappen (letztere wer-
den Glutaraldehyd-fixiert schon seit etwa
tion und treten schneller ein. Ziel aller
1.3 Historie der Xenotransplantation
ren, die sich vor allem auf die Ausschal-
plantierte Starzl sechs Nieren von Pavia-
kleineren Zellverbänden verbessern. 3. Anatomische und
plantation sehr viel schwieriger zu errei-
ein Pavianherz (5). Alle diese Heilversu-
chen ist als bei der Allotransplantation. physiologische Barrieren der Xenotransplantation 2.1 Abstoßungsreaktionen 3.1 Wahl der geeigneten Organquelle
schen Verwandtschaftsgrad abhängig. 2.2 Strategien zur Verhinderung 3.1.1 Anatomische Unterschiede der Abstoßungsreaktionen
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mit der Zeit so viel Platz einnehmen, daß
4.1 Mikroinjektion
des Genkonstrukts enthält, in den männ-
zens und seiner Klappen ist auf die hori-
griff in die Eileiter der Empfängertiere
nen fast gleich zu sein. Die Kalzium- und
pen unterschiedlich ist, haben sich trans-
fers über Mikroinjektion ist nach wie vor
niedrig und beträgt bei landwirtschaftli-
schon nach Minuten bis Stunden fehl (17). 3.1.2 Physiologisch/biochemische 4.2 Kerntransfer (Klonen) Unterschiede zwischen Mensch und
zuregen. Bei einer Xenotransplantationvon Schweinenieren müßte menschliches
zum großen Teil spezies-spezifisch sind. 3.1.2.1 Eignung einzelner Organe und Zellen
fängers zerstören und somit zum Funk-tionsverlust des Organes beziehungs-
4.3 Züchtung transgener Schwei- ne für die Xenotransplantation
produzieren ein Insulin, das sich nur ineiner Aminosäure von menschlichem In-
4. Züchtung transgener Spendertiere
transfer werden als transgen bezeichnet.
konstrukt in möglichst allen Körperzel-
ist fast ausschließlich die Mikroinjekti-
A-1922 (62) Deutsches Ärzteblatt 96, Heft 28–29, 19. Juli 1999 B E K A N N T G A B E N D E R H E R A U S G E B E R 5. Infektiologische Aspekte der Xenotransplantation – Xenozoonosen 5.3 Viruserkrankungen 5.3.3 Neue Eintrittspforten für Viren und mögliche Folgen 5.1 Zoonosen und
spiel Tierpfleger) auf das Tier übertra-
5.4 Risiken für die öffentliche Gesundheit
Circo-, Herpes- und Hepatitisviren). 5.3.1 Endogene Retroviren
steht, kann noch nicht endgültig abge-schätzt werden. 5.2 Mikrobiologischer Status der Spendertiere
ren läßt. Somit besteht prinzipiell das
zoonotischen Erregern infiziert sein. 5.3.2 Maskierte Viren aus Organen und Zellen gentechnisch veränderter Schweine
kokken-Arten, E. coli, Candida ssp.,Toxoplasma gondii und andere) kom-
6. Ökonomische Gesichtspunkte der Xenotransplantation
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gung über sie ist rechtfertigungsbedürftig.
den unter Berücksichtigung seiner religiö-
den voraussichtlich von speziell für die
auch mit der christlichen Lehre (30), die
einräumt, aber auch die Mitgeschöpflich-
punkte: Wie werden die Kriterien für eine
transplantation stellen sich weitere Fra-
gen (31). Welche Spezies sollte als Spen-
plantation, der bisher nicht abschätzbar
die gleichen wie für eine Allotransplanta-
tion? Hat die Verfügbarkeit tierischer Or-
7. Ethische Aspekte der Xenotransplantation
gegen die Verwendung entfernterer Arten. Darüber hinaus ist die Zahl der Primatenbegrenzt und ihre Zucht aufwendig; ihre
8. Juristische Aspekte der
gebung dürften für sie „leidvoller“ sein als
Xenotransplantation
für Tiere, die traditionell in Ställen und
de (29): Der anthropozentrische Ansatz
ist – wie für jede andere ärztliche Behand-
tier herausstellen, dürfte es kaum Gründe
lung – der zwischen Arzt und Patient ge-
schlossene Vertrag. Im ersten Stadium der
Nutzen-Risiko-Analyse und -Abwägung.
als ultima ratio in Betracht kommen kann,
notransplantation die Gesundheit des ein-
nisse befriedigt. Der biozentrische Ansatz
heitsprinzip räumt er den Tieren den glei-
nis stehen die bisher nicht beherrschbaren
chen Wertstatus wie dem Menschen ein. integratives Konzept vertreten, das beiden
Kontaktpersonen. Daher sollte für letzte-
re das Prinzip der Freiwilligkeit der Mit-
Stellung innerhalb der Natur zu. Das Tier
ist zwar Mitgeschöpf mit der ihm eigenen
die allgemeinen Prinzipien der klinischen
spektierung, aber es ist nicht ebenbürtiger
Partner des Menschen. Insofern ist es dem
die Identität des Transplantatempfängers,
Menschen einerseits versagt, willkürlich
über das Tier zu verfügen oder ihm wahl-
schen mit sich selbst. Diese wird nicht al-
zufügen; andererseits ist er gehalten, das
größer die krankheitsbedingte Gefahr für
lichkeit einschließende Selbstauffassung
den Patienten ist, um so größer darf das in
dem Menschen daher nicht seine Identität
Therapie eingeholt werden, und er ist auf-
von Tieren zu Versuchen als auch ihre Tö-
Xenotransplantation gibt es lediglich Spe-
den Grund für die Durchführung des Ver-
hältnismäßigkeitsgrundsatzes im gesetzli-
verständlich gemacht werden, daß es sich
des Patienten über die möglichen Auswir-
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Schritt vom präklinischen, experimentel-
transplantat auf den Empfänger und Drit-
te. Während die derzeitigen verschieden-
(§ 2 Abs. 1), die dazu bestimmt sind, durch
kann. Kriterien für die Auswahl der für
nen ausreichend zu sein scheinen, bedür-
fen zentrale Fragen, wie zum Beispiel die
nisses, noch einer breiten Diskussion und
Anzeige der klinischen Prüfung nach keit des Nutzens der Xenotransplantation
zu sichern, bedarf es der Entwicklung und
für die klinische Prüfung zum Schutz des
tekammer zu der Feststellung, daß derzeit
nen sowie besserer Erkenntnisse über das
die Voraussetzungen für eine hinreichend
bei der klinischen Prüfung (gemäß § 40 ff.
plantationen noch nicht gegeben sind.
derte Organismen, die sich vermehrenoder genetisches Material übertragen
Literatur
können, enthalten oder aus solchen beste-
(federführend), Direktor des Instituts für
1. Smit H, Schöppe W, Zickgraf T: Organ-
land, Deutsche Stiftung Organtransplanta-
Klinik für Herz-, Thorax- und Gefäßchirur-
3. Cohen B, Persijn G, Meester De K: Annual
Prof. Dr. jur. H. Lilie, Juristische Fakultät der
chengesetzes (BSeuchG) zu prüfen, ob die
Universität Halle-Wittenberg, Halle/Saale
terotopic cardiac transplantation with a xe-
nograft for assistance of the left heart in
Prof. Dr. med. vet. H. Niemann, Institut für
sind. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 des Tierschutz-
bypass. S Afr Med J 1977; 52: 1035–1038.
al.: Transplantation of porcine fetal islet-
like cell clusters to three diabetic patients.
Transplant Proc 1992; 24: 677–678.
Transplantation nicht dem Tötungsverbot.
7. Jacoby DB, Lindberg C, Ratliff J et al.:
Prof. Dr. theol. habil. J. Reiter, Fachbereich
Fetal pig neural cells as a restorative thera-
Katholische Theologie, Seminar für Moral-
theologie und Sozialethik der Universität
8. Still J, Craft-Coffman B, Law E et al.:
Burns of children caused by electric stoves.
Prof. Dr. jur. Dr. h. c. mult. H.-L. Schreiber,
J Burn Care Rehabil 1998; 19: 364–365.
Richtlinie für die Xenotransplantation er-
Transplantation of Tissues and Organs be-tween Species. 2. Aufl., Springer Berlin,
9. Abschließende
10. Niemann H: Transgene Schweine für Xe-
Beurteilung der
notransplantate für den Menschen. ZblChir 1998; 123: 781–784.
Dr. rer. nat. R. R. Tönjes, Wiss. Dir.,
Xenotransplantation
11. Strock M, Abendroth D, White DJG et al.:
Frau Prof. Dr. rer. nat. K. Ulrichs, Experi-
Humanblut. Zbl Chir 1998; 123: 785–792.
12. Herrlinger K, Eckstein V, Westphal E et al.:
Chirurgische Universitätsklinik, Würzburg
„Mensch-anti-Schwein“. Zbl Chir 1998;
nur mit großer Verzögerung erfüllt wer-
13. Brandhorst B, Brandhorst H, Brendel M,
et al.: Problematik der Inselisolierung aus
haben die Möglichkeit der Transplantati-
schen. Zbl Chir 1998; 123: 814–822.
14. Hammer C, Linke R, Wagner F et al.: Or-
greifbare Nähe gerückt. Ungeachtet des-
gans from animals for man. Int. Arch Aller-
Deutsches Ärzteblatt 96, Heft 28–29, 19. Juli 1999 (65) A-1925 B E K A N N T G A B E N D E R H E R A U S G E B E R
ken bei landwirtschaftlichen Nutztieren.
30. Kirchenamt der Evangelischen Kirche in
23. Schnieke A, Kind AJ, Ritchie WA et al.: Hu-
16. Herre W, Röhrs M: Haustiere zoologisch
man factor IX transgenic sheep produced by
wortung wahrnehmen für die Schöpfung.
transfer of nuclei from transfected fetal fi-
17. Starzl TE, Fung J, Tzakis A et al.: Baboon
broblasts. Science 1997; 278: 2130–2133.
31. Xenotransplantation. Eine Hilfe zur ethi-
24. White D: Alteration of complement acti-
schen Urteilsbildung. Vorbereitet von ei-
vity, a strategy for xenotransplantation.
physiology in different species; In: Hardy
25. Cozzi E, White D: The generation of trans-
genic pigs as potential organ donors for hu-
mans. Nature Medicine 1995; 1: 964–966.
19. Suckfüll M, Pieske O, Müdsam M et al.:
The contribution of endothelial cells to hy-
et al.: Tissue expression of human comple-
dächtsnisschrift f. H. Schröder; W. Stree
peracute rejection in xenogeneic perfused
ment inhibitor, decay accelerating factor, in
working hearts. Transplantation 1994; 57:
transgenic pigs. A potential approach for
33. Hart, D: Heilversuch, Entwicklung the-
preventing xenograft rejection. Transplan-
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27. Patience C, Takeuchi Y, Weiss R: Infection
of human cells by an endogenous retrovirus
of pigs. Nature Medicine 1997; 3: 282–286.
21. Calne R, White H, Herberton B: Pig-to-ba-
28. Denner J: Immunosuppression by retro-
Anschrift für die Verfasser
boon liver transplantation. Lancet I 1968;
viruses: Implications for xenotransplanta-
tion. Ann NY Acad Sci 1998; 862: 75–86.
22. Niemann H, Meinecke B: Gentransfer. In:
29. Reiter J: Tierversuche und Tierethik. In:
Stimmen der Zeit. Herder, Freiburg, 1993;
Embryotransfer und assoziierte Biotechni-
Mitteilungen
der jeweiligen UAW unterscheiden [3].
Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft
ren bekannten UAWs der Fluorochinolo-ne, wie zerebrale Nebenwirkungen (zumBeispiel Schlaflosigkeit, Alpträume, Ver-wirrtheitszustände bis zum Suizid), muß
der Anwendung dieser Substanzgruppegeachtet werden. Gerade bei älteren Pati-
patitis (25 Fälle), Ikterus (28 Fälle), Le-
berzellschädigung (23 Fälle), Hepatitis
(14 Fälle) bis hin zu mehreren Fällen von
betroffenen Patienten erhielten im allge-
keit alternativer kostengünstigerer Präpa-
meinen gleichzeitig eine größere Anzahl
rate, solche ebenfalls erwogen werden.
Suizidalität [1], ferner Achillessehnen-
Gabe von Fluorochinolonen interessiert.
nicht in jedem dieser Fälle nachweisbar,
Literatur
1. Wolfersdorf M, Müller-Oerlinghausen B:
Gyrasehemmer, Depressivität und Suizida-
toxicity profiles: a review focusing on newer
agents, Clinical Infectious Diseases, 1999;
nen ein, die im Ausschuß „Unerwünsch-
trafen Leber- und Gallenveränderungen.
233–237, 50931 Köln, Tel 02 21/40 04-5 18,
A-1926 (66) Deutsches Ärzteblatt 96, Heft 28–29, 19. Juli 1999
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