Dr. Georg Handwerker, Gemeinschaftspraxis für Kinder- und Jugendmedizin, Passau Mit freundlicher Genehmigung von SPRINGER Sience and Business Media
Tagesschläfrigkeit ist bei Kindern ein eher seltenes Symptom, bei Jugendlichen etwas häufiger. Liegt eine pathologische Tagesschläfrigkeit vor, ist Narkolepsie auch bei Kindern die wichtigste Differenzialdiagnose, wenn schlafbezogene Atemstörungen ausgeschlossen wurden. Dennoch wird die Diagnose im Kindesalter selten gestellt.
Definition In retrospektiven Befragungen berichten etwa 50 % aller erwachsenen Narkolepsie-Patienten, bereits im Kindes- oder Jugendalter sich an narkoleptische Symptome zu erinnern. Dennoch wird die Diagnose Narkolepsie bei Kindern selten gestellt. Neben der niedrigen Inzidenz der Erkrankung liegt dies möglicherweise daran, dass die narkolepsieassoziierten Symptome gerade bei Kindern und Jugendlichen eher atypisch sein können bzw. fehlinterpretiert werden. Im Folgenden werden systematische Untersuchungen zur Inzidenz und Prävalenz der Narkolepsie bei Kindern und Jugendlichen vorgestellt. Zudem wird über Besonderheiten der Erkrankung im Kindes- und Jugendalter berichtet, wobei die Schwierigkeiten, die sich für die Diagnostik und Therapie in der Praxis ergeben, an klinischen Fallbeispielen deutlich gemacht werden. Das klinische Bild der Narkolepsie besteht aus einer klassischen Symptomkonstellation:
Das Auftreten der vier Kernsymptome (Tagesschläfrigkeit, Kataplexie, Schlaflähmungen und hypnagoge Halluzinationen, „narkoleptische Tetrade”, Daniels 1934) ist eher die Ausnahme als die Regel. Tagesmüdigkeit Sowohl bei Kindern und Jugendlichen als auch bei Erwachsenen tritt v. a. die überwältigende Tagesmüdigkeit in den Vordergrund. Dabei ist ein imperativer Schlafdrang mit Einschlafen nicht nur in monotonen, sondern auch in ungewöhnlichen Situationen vorhanden. So berichtete einer unserer Patienten (13 Jahre), nicht mit der Straßenbahn fahren zu können, da er stets erst an der Endhaltestelle aufwache. Ein anderer Patient (9 Jahre) berichtete, dass er immer nach dem Fußballtraining in der Umkleide auf dem Boden für etwa zehn Minuten schlafe. Im Gegensatz zur Müdigkeit bei anderen Schlaferkrankungen kann nicht oft genug betont werden, dass es sich hierbei nicht nur um ein „Müdigkeitsgefühl” handelt, sondern dass der Patient auch tatsächlich einschläft. Diese Schläfrigkeit ist nicht durch Schlafmangel bedingt und u. U. tageszeitabhängig, tritt aber bei jedem Narkolepsie- Patienten auf. Das Ausmaß der Schläfrigkeit ist für Nichtbetroffene kaum nachvollziehbar. Wenn Sie jemals 48 h nicht geschlafen haben, haben Sie die Schläfrigkeit erlebt, mit der ein Narkolepsie-Patient jeden Tag lebt! (J.M. Siegel). Typisch ist ein sehr schnelles Einschlafen. Oft sind die Tagesschlafepisoden kurz (10 min), aber dennoch erholsam. Besonders im Tagesschlaf zeigt sich die Besonderheit, dass ein direkter Übergang vom Wachzustand in den REM-Schlaf möglich ist, was bei Gesunden höchst selten der Fall ist und auch diagnostisch genutzt wird. Als diagnostische Hilfe kann die modifizierte Epworth-Sleepiness-Skala (ESS) zur subjektiven Abschätzung der Schläfrigkeit verwendet werden. Dieser Screeningfragebogen kann in 5 min bearbeitet werden und bei der Indikationsstellung zu weiterführender Diagnostik helfen (s. Tab. 1). Kataplexie Sie ist das wohl auffälligste Symptom der Erkrankung, für die Patienten selbst jedoch in der Regel weniger belastend als die Tageschläfrigkeit. Sie ist nach der internationalen Klassifikation der
Schlafstörungen (ICSD-2) definiert als ein affektiver, plötzlicher Verlust der Muskelspannung [1]. Auslöser sind zumeist starke Emotionen, v. a. das Lachen. Eine häufige Situation ist das Lachen nach der Pointe eines Witzes. Auch andere gefühlsbetonte Auslöser sind bekannt, wie Schreck oder Überraschung. Kataplexien dauern wenige Sekunden bis zu etwa 2 min. Länger dauernde Kataplexien werden in besonderen Situationen wie nach Absetzen von Medikamenten beobachtet. Zur diagnostischen Eingrenzung eignet sich die Ullanlinna-Narkolepsieskala UNS (Tab. 2). Eine Kataplexie schreitet typischerweise von kranial nach kaudal fort, nicht immer kommt es zu einem Sturz. Augenmuskeln, Gesichts- und Nackenmuskulatur sind fast immer betroffen. Das Bewusstsein ist bei Kataplexien nicht eingeschränkt! Obwohl sie dramatisch aussehen können, erleben die Betroffenen sie in der Regel nicht als sehr belastend oder bedrohlich und haben oft ausgeprägtes Vermeidungsverhalten (z. B. Versuche, das Lachen zu unterdrücken) und können sie auch gut vertuschen. Häufig haben sogar die Eltern keine Ahnung, dass ihr Kind Kataplexien hat. Nach Kataplexie muss bei Verdacht auf Narkolepsie immer gezielt gefragt werden, dabei sind stets sowohl die Eltern als auch die Kinder zu befragen! Klinisch hat sich zur Diagnostik bewährt, den Patienten Comedyfilme des britischen Komikers Rowan Atkinson („Mr. Bean”) zu zeigen und sie dabei zu filmen – hierdurch haben wir in mehreren Fällen Kataplexien provozieren können. Auch das Beispiel der Fotoserie (Abb. 1) ist auf diese Weise entstanden. Man sieht in Abb. 1b noch Vermeidungsverhalten, in Abb. 1c-e das kranio-kaudale Erschlaffen der gesamten Muskulatur und anschließend (Abb. 1f) das Ende der Kataplexie. Schlaflähmung Sie bezeichnet das Gefühl, sich beim Einschlafen oder Aufwachen nicht mehr bewegen zu können und ist somit mit der Kataplexie verwandt. Sie kann auch bei Nichtbetroffenen vorkommen. In einer Telefonbefragung gaben 6,2 % der Normalbevölkerung an, dies mindestens einmal im Leben erlebt zu haben [13]. Die Schlaflähmung kann zu erheblichen Ängsten führen, v. a. wenn sie häufig und zusammen mit Halluzinationen vorkommt. Halluzinationen Hypnagoge (beim Einschlafen) oder hyponopompe (beim Aufwachen) Halluzinationen sind ein weiteres mögliches Symptom, das ebenso wie die Schlaflähmung nicht bei allen Patienten vorkommt. Auch dieses Symptom ist nicht narkolepsietypisch: 37 % der Allgemeinbevölkerung haben es schon wenigstens einmal erlebt. Diese Halluzinationen sind oft sehr lebensnah und meist bedrohlich (Monster, Feuer, Wasser/Überschwemmung). Beispiele von Narkolepsie-Patienten Ein kleines Mädchen (5 Jahre) berichtete im Winter 2001 (nach dem Anschlag auf das World Trade Center), „ein Flugzeug kommt durch die Wand gerast”. Ein 11-jähriger Junge weckte nachts seine Mutter verzweifelt auf, sie müsse ihm helfen, seinen Kopf wiederzufinden, den Geister ihm abgenommen hatten. Eine 16-Jährige hört fast jede Nacht verzweifelte Hilfeschreie. Wie die Beispiele zeigen, kann die Symptomatik im Einzelfall extrem belastend sein. Automatische Handlungen Sie sind unsinnige oder „halb-sinnvolle” Handlungen, die im Halbschlaf erfolgen und später oft nicht mehr erinnert werden können. Auch sie können bei Nichtbetroffenen auftreten. So wurde z. B. eine Patientin (11 Jahre) wiederholt beobachtet, wie sie die Stehlampe im Wohnzimmer wie eine Leiter besteigen wollte. Ein Patient (10 Jahre) berichtete, er finde gelegentlich, wenn er Mathematikhausaufgaben machen wollte, dass er diese schon gelöst habe (allerdings oft falsch), woran er sich nicht erinnern könne. Pathophysiologie Schon früh wurde der Zusammenhang von Tagesschläfrigkeit und Kataplexie erkannt. Er wurde bereits in den ersten Beschreibungen der Narkolepsie von Westphal [16] (1877) und Gélineau [5] (1880) herausgestellt. Der erste Hinweis auf einen pathophysiologischen Zusammenhang war die Beschreibung der narkolepsietypischen schlafpolygraphischen Auffälligkeiten [15], der Sleep-onset- REM. Gemeint ist damit, dass bereits kurz nach dem Einschlafen schnelle Augenbewegungen („rapid
eye movements”) und REM-Schlaf-typisches EEG abgeleitet werden. In der Folge wurden die Symptome als dissoziierter REM-Schlaf gedeutet, da sich der Tonusverlust der Muskulatur bei der Kataplexie wie im REM-Schlaf verhält, allerdings im Wachzustand. Halluzinationen ließen sich als Einbrüche von Traumbildern in die Wachwirklichkeit deuten. Eine genetische Prädisposition ist schon lange bekannt. Insbesondere das HLA-Merkmal DQB1*0602 liegt bei etwa 98 % der Narkolepsie-Patienten vor. Dies ist allerdings nicht als „Bestätigungstest” geeignet, da es bei etwa 30 % der Bevölkerung anzutreffen ist. Auch die bislang veröffentlichten Zwillingsfälle monozygoter Zwillinge erbrachten nur in 1 von 11 Fällen eine konkordante Erkrankung [14]. Das Merkmal ist demnach wohl eine notwendige, aber nicht hinreichende Voraussetzung für Narkolepsie. Neues Licht brachten Erkenntnisse der Molekularbiologie. Orexin A und B (manchmal auch als Hypokretin bezeichnet) sind Neuropeptide, die im lateralen Hypothalamus gebildet werden [4]. Diesen Neuropeptiden wurde von den Erstbeschreibern eine zentrale Rolle in der Regulation des Appetits zugesprochen. Im Tiermodell führte eine intrathekale Orexinzufuhr auch dosisabhängig zur Appetitsteigerung. Überraschenderweise zeigte die Orexin-Knockout-Maus narkoleptische Symptome [3]. Fast gleichzeitig wurde in einem Tiermodell mit autosomal-dominanter Vererbung der Narkolepsie in Hunden der Rasse Dobermann ein Orexin-Rezeptor-2-Defekt nachgewiesen [10]. Auch beim Menschen konnte ein Orexindefizit bei Narkolepsie-Patienten bestätigt werden: Unter 9 Patienten mit Narkolepsie war Orexin A im Liquor bei 7 nicht nachweisbar, bei 1 war die Konzentration normal, bei 1 war sie erhöht [12]. Ein genetischer Defekt wie bei den Dobermännern scheint aber beim Menschen sehr selten zu sein. Sekundäre Narkolepsie beispielsweise durch Tumoren wie Kraniopharyngeom wurde ebenfalls beschrieben [11]. Epidemiologie Die Häufigkeit von Narkolepsie bei Kindern und Jugendlichen zu bestimmen, ist wegen der Seltenheit der Erkrankung und den genannten Schwierigkeiten bei der Diagnosefindung erschwert. Im Narkolepsiezentrum in Stanford wurden im Verlauf von 20 Jahren nur etwa 50 Patienten gesehen, bei denen die Diagnose schon vor der Pubertät gestellt worden war (bei insgesamt über 2000 Patienten mit Narkolepsie). Eine 2002 durchgeführte prospektive Multizenterstudie der AG Pädiatrie der deutschen Gesellschaft für Schlafmedizin und der Erhebungseinheit für seltene pädiatrische Erkrankungen in Deutschland, ESPED, [2, 6] hatte zum Ziel, die Inzidenz und Prävalenz von Narkolepsie im Kindesalter in Deutschland festzustellen und dabei die zur Diagnosestellung führenden Leitsymptome bzw. vorangegangenen Verdachtsdiagnosen zu bestimmen. Die Studie fußte auf einer Kooperation aller Kinderkliniken in Deutschland, so dass eine flächendeckende Erfassung der Patienten gesichert war. Im Ergebnis waren im Jahr 2002 20 Meldungen mit Verdacht auf Narkolepsie erfolgt, wobei 6 Patienten auch im Schlaflabor untersucht worden waren. Eine gesicherte oder wahrscheinliche Narkolepsie traf in 16 Fällen zu – die klinisch sicheren 12 Fälle zeigten dabei alle auch Kataplexien. Bei den 4 Fällen mit „wahrscheinlicher” Diagnose lag keine Information über die weiterführende (polysomnographische) Diagnostik vor. Auf Basis der ESPED-Studienergebnisse ergab sich eine Inzidenz von Narkolepsie bei Kindern unter 18 Jahren von 1,2:1.000.000 – dem gegenüber steht eine deutlich höhere Inzidenz von 50:1.000.000 - 60:1.000.000 für Erwachsene, wie sie sich gemäß mehreren Studien darstellt. Die geschätzte Prävalenz von Narkolepsie bei Kindern beziffert sich nach Überschlag aus der Inzidenz auf 20:1.000.000 - 30:1.000.000. Die Arbeitsgruppe in Stanford kam zu dem Ergebnis, dass die Prävalenz bei Kindern nur etwa 5 % derjenigen bei Erwachsenen beträgt. Dazu ist anzumerken, dass ein Teil der unter 18-Jährigen in der ESPED-Studie möglicherweise nicht erfasst wurde, da Jugendliche zumeist nicht in Kindereinrichtungen behandelt werden. Folgende Schlaflabore nahmen an der ESPED-Studie teil: 01307 Dresden (Prof. Dr. Paditz) 02828 Görlitz (Dr. Gottschalck) 03048 Cottbus (Dr. Erler) 45711 Datteln (PD Dr. Schlüter) 51149 Köln-Porz (Dr. Niewerth/Dr. Wiater) 66539 Neukirchen (Dr. Feldmann)
86154 Augsburg (Dr. Hoch) 94032 Passau (Dr. Handwerker) 97080 Würzburg (Dr. Müller-Stöver/Prof. Dr. Straßburg) 99510 Apolda (PD Dr. Scholle/Prof. Dr. Zwacka) Diagnostik Nicht alle zur Diagnosestellung bei Narkolepsie verfügbaren Instrumente lassen sich auch bei Kindern und Jugendlichen einsetzen. Fragebögen und Skalen wurden daher spezifisch für diese Anwendung adaptiert. Modifizierte Epworth-Sleepiness-Skala Die Epworth-Sleepiness-Skala (EES) ist ein weltweit benutztes Hilfsmittel zur Erfassung von Hypersomnie. Eine deutsche Normierung erbrachte nahezu identische Ergebnisse zur ursprünglichen englischen Version. Narkolepsie-Patienten zeigten dabei von allen Schlafstörungen die höchsten Werte [9]. Erfragt wurde die Einschlafneigung in bestimmten Alltagssituationen. Die Kinder-Epworth-Skala (Tab. 1) stellt eine Modifikation der ESS dar. Dabei wurden spezifische Alltagssituationen von Erwachsenen (z. B. „Einschlafen am Steuer”) durch angepasste Situationen („Einschlafen in der Schule”) ersetzt. Bei Kindern sind die zu erwartenden Werte deutlich niedriger, bei pubertierenden Jugendlichen deutlich höher als bei Erwachsenen [7]. Bei Kindern ist ein Summenwert >8 Punkten, bei Jugendlichen ein Summenwert >13 Punkten als auffällig zu beurteilen. Zudem liegt bei Kindern ein nicht signifikanter Unterschied zwischen den Geschlechtern vor. Ullanlinna-Skala Die für erwachsene Patienten entwickelte Ullanlinna-Skala zur Feststellung von Kataplexien und Tagesschläfrigkeit ist mit leichten Modifikationen auch bei Kindern und Jugendlichen anwendbar (Tab. 2). Der für Erwachsene ermittelte Cut-off-Wert von 14 Punkten [9] – d. h. dem Summenpunktwert, ab dem die narkoleptischen Symptome als zutreffend bewertet werden – kann zumindest auch auf Jugendliche übertragen werden. Wie bereits angesprochen, ist allerdings die Provokation von Kataplexien gerade bei Kindern sehr schwierig bzw. sie werden möglicherweise nur bedingt korrekt auf die Frage nach kataplektischen Attacken antworten. Konzentrations- und Aufmerksamkeitstests Sie werden z. B. bei der Feststellung von ADHS angewandt. Sie sind meist wenig geeignet, um die bei Narkolepsie auftretenden Vigilanzstörungen zu diagnostizieren. Geeignet sind Tests, die v. a. die Daueraufmerksamkeit und die geteilte Aufmerksamkeit untersuchen. Bei Narkolepsie hat sich auch bei Kindern und Jugendlichen das Wiener Testsystem der Fa. Schuhfried (Macworth-Clock) bewährt (Abb. 2). Durchführung des Macworth-Clock-Tests Ein hell aufleuchtender Punkt bewegt sich entlang einer Kreisbahn in kleinen Sprüngen weiter. Manchmal macht der Punkt jedoch einen Doppelsprung, auf den der Proband durch Drücken einer Reaktionstaste reagieren muss. Der Test (Dauer 25 min) wird zur Prüfung von Aufmerksamkeitsleistungen im Sinne „anhaltender Wachsamkeit in reizarmen Beobachtungssituationen” (Vigilanz) angewendet. Die zu beobachtenden Signale erscheinen unregelmäßig, und sie erwecken nicht „unwillkürliche” Aufmerksamkeit. Polysomnographie Die Verdachtsdiagnose Narkolepsie sollte auch bei Kindern und Jugendlichen durch eine Polysomnographie bestätigt werden, auch wenn die klinische Diagnose bei Vorliegen von Kataplexien im Grunde klar gestellt werden kann. Die Nachtableitung muss nach Standards der Deutschen Gesellschaft für Schlafmedizin (DGSM) im Schlaflabor erfolgen. Als polysomnographischer Nachweis von verkürzten Einschlaflatenzen sollte der multiple Schlaflatenztest (MSLT) möglichst mit fünf Episoden durchgeführt werden. Jede Episode sollte dabei nach dem Einschlafen mindestens 10 min dauern, um frühe bzw. Sleep-onset-REM-Phasen aufzeichnen zu können (Tab. 3). Therapie Für die Behandlung der Narkolepsie gibt es keine kausale Therapie. Die Symptome können aber durch Medikamente deutlich reduziert werden. Im Prinzip stützt sich die Therapie der Narkolepsie auf die drei Säulen:
Begleitend ist eine nichtmedikamentöse Therapie (Verhaltenstherapie, Psychotherapie) erforderlich. Hierbei geht es um: • Akzeptanz der Erkrankung,
• Verhaltenstherapeutische Maßnahmen zur Reduktion von Kataplexien und
• Verhaltenstherapeutische Maßnahmen zur Verbesserung der Wachheit
(geplanter Tagesschlaf, Diät, Koffein).
Bei den Stimulanzien steht Methylphenidat an erster Stelle. Ritalin® ist das einzige MPH- Medikament, das eine Zulassung für Narkolepsie besitzt (die Verordnung von Generika oder Retard- Präparaten kann in einigen Bundesländern Probleme bereiten). Die Dosierung gleicht der bei ADHS (in der Regel 0,5-1 mg/kg/Tag). Eine neuere Substanz ist Modafinil (Vigil®), die Dosierung beträgt 100-400 mg tgl., in 1-2 Gaben. Nach meiner Erfahrung hat Methylphenidat häufiger den besseren Therapieeffekt bei Kindern. Antidepressiva wirken durch REM-unterdrückende Eigenschaften antikataplektisch. Zugelassen ist Clomipramin (Anafranil®) zur Therapie der Kataplexien, es werden heute aber zunehmend auch modernere Antidepressiva erfolgreich eingesetzt. Hypnotika müssen selten bei schweren nächtlichen Schlafstörungen zusätzlich eingesetzt werden, dies kommt im Kindesalter kaum vor. Eine relativ neu zur Therapie der Narkolepsie mit Kataplexie zugelassene Substanz, Natriumoxybat (Xyrem®), ist zur Behandlung von Kindern bisher nicht zugelassen. Fazit Meist treten nicht alle vier Kernsymptome – Tagesschläfrigkeit, Kataplexie, Schlaflähmungen und hypnagoge Halluzinationen („narkoleptische Tetrade”) – auf. Die Tagesmüdigkeit bei Narkolepsie ist mit der Müdigkeit nach einer 48-stündigen Wachphase bei Nichtbetroffenen vergleichbar. Nach Kataplexien müssen bei Verdacht auf Narkolepsie sowohl die Eltern als auch die Kinder immer gezielt gefragt werden, da Kinder Kataplexien häufig verschweigen und oft gute Kompensationsmechanismen entwickelt haben. Zur Diagnose können für Kinder modifizierte Fragebögen zum Einsatz kommen: Bei der modifizierten Epworth-Sleepiness-Skala sind bei Kindern ein Summenwert >8 Punkten, bei Jugendlichen ein Summenwert >13 Punkten als auffällig zu beurteilen, bei der Ullanlinna-Skala gelten Werte >14 als auffällig. Konzentrations- und Aufmerksamkeitstests sind für die Narkolepsiediagnostik weniger geeignet. Die Diagnose sollte in jedem Fall durch eine Polysomnographie gesichert werden. Für die Behandlung der Narkolepsie existiert keine kausale Therapie, die Symptome können aber medikamentös deutlich reduziert werden, zum Einsatz kommen Stimulanzien, Antikataplektika (Antidepressiva) und Hyp-notika. Begleitend ist eine nichtmedikamentöse Behandlung (Verhaltenstherapie, Psychotherapie) erforderlich. Literatur 1.
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